Konferenz von Mardin
Die größte Errungenschaft der Konferenz von Mardin ist ihrem Veranstalter, Shaykh 'Abd Alla ̄h b. Bayyah, zu verdanken. Nach den Feierlichkeiten der zweitägigen Konferenz suchte er nach dem Originalmanuskript von Ibn Taymiyyas Fatwa von Mardin, das in der Zahiriyyah-Bibliothek (2757) in der Asad-Bibliothek in Damaskus archiviert ist. Er entdeckte, dass das Ende des Originaltextes in den modernen Ausgaben falsch gedruckt wurde, ein typographischer Fehler, der die Bedeutung des Satzes drastisch verändert.
Korrekter Wortlaut:
"...der Muslim soll behandelt werden, wie er es verdient, und derjenige, der vom Weg/Gesetz des Islam abweicht, soll behandelt werden (yu`āmal), wie er es verdient."
Falscher Wortlaut:
"...der Muslim soll behandelt werden, wie er es verdient, und derjenige, der vom Weg/Gesetz des Islam abweicht, soll bekämpft werden (yuqātal), wie er es verdient."
Kontext:
Die Konferenz von Mardin fand im März 2010 in der türkischen Stadt Mardin statt, neun Jahre nach den Terroranschlägen vom 11. September, die den globalen "Krieg gegen den Terrorismus" auslösten. Ziel dieser Konferenz war es, das friedliche Zusammenleben von Muslimen und Nicht-Muslimen im Einklang mit dem islamischen Recht zu begründen. Hauptthema war die richtige Auslegung eines Rechtsediktes (Fat-Wa), das der islamische Gelehrte Ibn Taymiyya (1263-1328) zu Lebzeiten über den Status der multireligiösen Stadt Mardin erlassen hatte. Das korrigierte Fatwa ist ein Beispiel für ein Zusammenleben, das den heutigen religiösen Pluralismus anregt, in dem Muslime und Nicht-Muslime gemeinsame Territorien und Staaten bewohnen. Dieser Ausschnitt ist das Ende des ursprünglichen Fatwa-Manuskripts von Mardin, das später geändert wurde. Das ursprüngliche Fatwa erklärt, dass Muslime und Nicht-Muslime nach ihren Verdiensten behandelt werden sollten, während das verfälschte Fatwa besagt, dass die Nicht-Muslime konfrontiert werden sollten ("bekämpft werden sollen"). Aus diesem und anderen Gründen wurde Ibn Taymiyya oft als Vorläufer des gewalttätigen Islam dargestellt. Die erneute Überprüfung dieses Fatwas hinterfragt jedoch die extremistische und orientalistische Lesart von Ibn Taymiyya.
Die Rückbesinnung auf die ursprünglichen Quellen und ihre Einordnung in den entsprechenden historischen und kulturellen Kontext ist von entscheidender Bedeutung für die Wahrung der Integrität der Religionswissenschaft und die Verhinderung von Manipulationen oder Fehlinterpretationen. Fördert der Prozess der kritischen Untersuchung durch die Förderung eines tieferen Verständnisses und der kontextuellen Genauigkeit auch die Toleranz?